Aus den Reisebeschreibungen des Herrn von Blainville 1705

„...weil dem Gerüchte nach das Bergschloß sehenswürdig war, so gingen wir hinauf... Das Schloß hat den Namen Marienberg. Seiner Lage nach gleicht es sehr dem Ehrenbreitstein...
Von diesem Schlosse übersiehet man nicht allein die Stadt Würzburg, sondern auch die ganze umliegende Gegend, welche ihrer abwechselnden Mannigfaltigkeit und Fruchtbarkeit wegen ausnehmend schön ist. In dieser Aussicht sind die kleinen Hügel, der Stein genannt, das merkwürdigste, welche wegen des vortrefflichen Weins, den sie tragen, berühmt sind.

Der Oberbefehlshaber zeigte uns aber noch eine andere Gegend gegen Süden der Festung, wo der Leistenwein wächset, dessen Trauben einen Muskatellergeschmack haben und wovon das Fuder nicht unter vier- bis fünfhundert Taler verkauft wird... . Von hier aus wurden wir in die unterirdischen Gewölbe dieser Festung geführt.
Man stelle sich einen langen Gang vor, wenn ich dieses Wort gebrauchen darf, auf jeder Seite mit fünfzig ungeheuren Fässern.. .deren jedes nicht weniger als zwölf Fuder Wein hält. Dieser Gang ist so lang, daß man schwerlich das Ende absehen kann, aber ob er gleich unter der Erde ist, so ist er doch sehr hell. Vor jedem Faß steht ein großer eiserner Leuchter mit einer gelben Wachsfackel. Ich gestehe es, der bloße Anblick dieser FÄSSER erstaunte mich, und es ist kein Wunder, denn ein jedes wurde angezapft und wir genötigt, ein wenig davon zu kosten. Der Kellermeister, welcher die Schlüssel und die Aufsicht über den Keller hat, behielte DAS größte... zu unserer Hauptbewirtung bis zuletzt über.
Es ist von ausnehmender Größe, und mit Weintrauben, und ich weiß nicht, mit wievielen Bechern und Gläsern, in halberhabenem Schnitzwerk gezieret. Die Aufschrift sagt, gegen den Wein, den es in sich enthielte, sei der Nektar der Götter nur schlechtes Zeug.... Ich wunderte mich sehr, wie Leute, ohne durstig zu sein, eine so große Menge Wein auf einmal hinunterschlucken konnten... .
Einer von des Bischofs Hofgeistlichen, zu dem ich dieses sagte, antwortete mir aber, daß dieses eine Landgewohnheit sei, und daß man in Franken einen Ruhm daraus machte, keinen einzigen Tropfen im Glase zu lassen."


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